Traum eines modernen Lyrikers (Andere Gedichte)
Traum eines modernen Lyrikers. Heute Nacht in meinem Zimmer Gab es einen heft’gen Streit. Bei der Lampe mattem Schimmer Sah ich zu geraume Zeit.
Aufgeweckt vom wilden Zanke, Da ich sanft geschlafen schon, Nahm’ ich wahr im Bücherschranke Eine große Rebellion. Platen schrie: „Nur ich bin Meister!“
Heine rief: „Werft ihn hinaus!“ Geibel sprach: „Ihr guten Geister!“ Schiller bat sich Ruhe aus. Wüthend tobte der Brentano, Arnim, Schlegel riefen: „Nein“;
Uz sogar schrie: „Ich leb’ a no.“ Und selbst Klopstock schlug mit d’rein. „Singe, wem Gesang gegeben“, Mahnte Ludwig Uhland zart, „Laßt den armen Teufel leben!“
Brummte Lingg in seinen Bart. Schulze flüchtet’ seine Rose, Otto Roquette stürmt’ empor, Heyse flüstert Julius Grosse Einen reinen Reim in’s Ohr.
Göthe warnt umsonst vor Hieben, Achtundvierzig Bände breit, „Mancher Schund ward schon geschrieben Auch in unsrer großen Zeit.“ Plötzlich, wie ein Schuß vom Rohre
Flog ein Buch heraus zum Schrank, Und die drinnen schrie’n im Chore: „Der ist draußen, Gott sei Dank!“
Als ich nachsah mit dem Lichte, Wem man so die Thüre wies,
War es ach! ein Band Gedichte, Den – ich selber drucken ließ.
v. Miris.
Eingetragen am 08.11.2011 09:35:09 von 2rhyme
Autor: Franz Bonn
Quelle: de.wikisource.org
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