Liebchen (Andere Gedichte)
Liebchen. Liebchen heut in Gesellschaft geht, Zeigt sich in raschelnder Seide, Fragt mich, wie ihr das Hütchen steht Und die Schleppe am Kleide.
Wie ich die schlanke Jugendgestalt Must’re mit prüfenden Blicken, Rieselt ein Schauer mir eisig kalt Plötzlich hinunter den Rücken. Alles, vom Stiefelchen bis zum Hut
Sitzt dir wie angegossen, Aber wie viel unschuldiges Blut Ist um dich, Teure, geflossen! Seidenwürmer wohl tausend und mehr Mussten ihr Leben lassen
Für den Stoff, den du hinter dir her Schleppst durch die staubigen Gassen. Für dein zierliches Stiefelpaar Musste ein Kälbchen verenden, Und Hermeline, ein Dutzend gar,
Mussten die Fellchen dir spenden. Deine Handschuhe, glatt und weich, Gab dir ein blökendes Lämmlein, Und die Schildkröt’ im kühlen Teich Lieferte dir das Kämmlein.
Walfisch schwamm im eisigen Meer Fröhlich hin und wieder. Stirb und gib dein Fischbein her! Liebchen braucht es für’s Mieder. Pfeilgetroffen ein Elefant
Musste im Urwald erblassen. Hat für den Fächer in deiner Hand Leben und Zähne gelassen. Sterbend gab dir der Wüstenstrauss Wallende Federn als Steuer. –
Trinke auch mir die Seele aus, Reizendes Ungeheuer! Rud. Baumbach.
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:24 von 2rhyme
Autor: Rudolf Baumbach
Quelle: de.wikisource.org
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