Nieder, bzw. Hoch die Frauen! (Andere Gedichte)
Nieder, bzw. Hoch die Frauen! Von Theobald Tiger Heute wollen wir ein Liedlein singen, denn es muß einmal gesungen sein. Pegasus, erhebe deine Schwingen –! Wie wirds künftig mit den Frauen sein?
Sieh mal, allerorten sind sie drinnen in dem weitverzweigten Tageslauf – sie sind Aerzte und Budikerinnen – Hört das etwa auf? Wenn die Arbeitslosen, vollgegessen,
eines Tags so fett geworden sind, daß man schon aus sportlichen Interessen die Saison der Arbeit froh beginnt –: geht die Frau dann in den alten Rahmen, pflegt sie wieder den Familiensinn?
Schalterfräulein und die Botendamen und die schiefbemützte Schaffnerin? Dies macht Tigern mächtig großen Kummer. Aber eines weiß er ganz genau: daß da manche alte, dufte Nummer
ihm erhalten bleibt. Man braucht die Frau! So zum Beispiel jene zur Verbreitung unserer Presse an der Straßenbahn. Sie verkauft die „Deutsche Tageszeitung“ – Armes Weib – was hat man dir getan
Und dann die, die schon alt eingesessen. Eine, die besitzt ein kleines Haus auf dem Magdeburger Platz. Indessen keine Staatsumwälzung holt die raus. Damen gibt es, die sind unentbehrlich
in dem großen deutschen Staatenbau. Manchem ist dies manchmal recht beschwerlich. Ach ja, ja… Zum Beispiel: meine Frau… (Aber dafür einen Kerl – das wäre dumm. Nur: ich tauschte sie ganz gerne um.)
O Maries! Rosalien! Josephinen! Müßt ihr wirklich so viel Geld verdienen? Kehrt zurück in der Familien Schöße! Küßt dem Mann die Stirn und bratet Klöße, daß uns armen Männern dies nicht länger fehle:
heile Strümpfe und die liebend warme Seele!
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:37 von 2rhyme
Autor: Kurt Tucholsky
Quelle: de.wikisource.org
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