Gang zur Beichte (Andere Gedichte)
Gang zur Beichte. Auch dem Frevler, der gesündigt, Unser Heiland gern vergiebt, Der vor Allen Gnade kündigt Herzen, die zu heiß geliebt. –
Zaghaft, tiefgesenkten Blickes Schreitet sie zum Beichtstuhl hin, Einem Opfer des Geschickes Gleicht die bleiche Büßerin. Schön, trotz Kummer und Bedrängniß –
Ach! die Schönheit lockt den Schmerz, Und das bitterste Verhängniß Ist ein leidenschaftlich Herz, Das sich einmal nur entzündet, Einmal nur erschließt dem Licht,
Hier schon seinen Himmel gründet, Oder in Verzweiflung bricht. Ist es Sünde denn zu lieben? Hat nicht eine höh’re Macht Sie an seine Brust getrieben,
Der die Flamme angefacht? Nun er treulos sie verlassen, Meineid ward sein heißer Schwur, Soll sie den Verruchten hassen – Ach! ihr Herz liebt einmal nur.
Daß im Keim geknickt ihr Leben, Hat sie liebend ihm verzieh’n; Daß ihr selber sei vergeben, Fleht sie weinend auf den Knie’n; Ihre eig’ne Schuld zu büßen,
Flieht sie in des Herren Hut Und verströmt zu seinen Füßen Des gebroch’nen Herzens Blut. „Nicht am Ird’schen sollst Du hangen – Unschuld wahre Dir und Ruh’,
Und mit gläubigem Verlangen Wende Dich dem Ew’gen zu!“ So sprach einst der Priester gütig, Doch ihr Herz blieb wahnbethört, Wehe, wenn er zornesmüthig
Heute sie auch nicht erhört! Zage nicht – und wenn er Milde Und Verzeihung dir versagt, Blicke auf zu jenem Bilde! Nicht umsonst hast Du geklagt:
Auch dem Frevler, der gesündigt, Unser Heiland gern vergiebt, Der vor Allen Gnade kündigt Herzen, die zu heiß geliebt. Albert Traeger.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:57 von 2rhyme
Autor: Albert Traeger
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org
|