Die Liebhaber (Andere Gedichte)
Die Liebhaber. Mein Mädgen im Schatten der Laube Umhangen von purpurner Traube Bekränzte mit Rebenlaub sich Und wartete schmachtend auf mich.
Da wallte der Herrscher der Träume Durch zitternde Wipfel der Bäume, Erblikte das liebliche Kind, Sank nieder, umarmt es geschwind. Sie schlummert, er küsste die Wangen,
Sie glühten von heissem Verlangen, Erhizzet, o Gottheit, von Dir, Nach sterblichen Küssen von mir.
Da saugte mit athmenden Zügen Annette das gröste Vergnügen
Der Träume, die Mädgen erfreun, Vom Munde des Göttlichen ein. Schnell war sie von Leuten umgeben, Die schmachteten seufzend nach Leben, Und harreten zitternd aufs Glück
Von einem beseelenden Blick,
Da lag nun auf Knien die Menge, Mein Mädgen erblikt das Gedränge, Und hörte der bittenden Schreyn, Und dünkte sich Venus zu seyn.
Erst sah sie den schreklichen Sieger, Da lag er gebükt, wie ein Krieger, Den stärkerer Streitenden Macht In schimpfliche Fesseln gebracht.
So sprach er: „Die mächtigen Waffen Den Ruhm zu erobern geschaffen Erheben, erwählest du mich, Aus deine Befehle nur sich. Da fürcht ich nicht Wäll' nicht Canonen, Nicht Tonnen, die Minen bewohnen,
Nicht Feinde die schaarenweis ziehn, Du sprichst nur: Entflieht; sie entfliehn.
Doch mußt du für Eisen nicht beben, Mein Arm den jezt Waffen umgeben, Schliest sich in entwafneter Ruh’
Auch sanften Umarmungen zu.“ Der Kaufmann mit Puzwerk und Stoffen, Was eitele Mädgen nur hoffen, Trat näher, und beugte sein Knie, Verbreitet es hoffend vor sie; -
„Erhöre mich, werde die meine, So sprach er, „dieß alles ist deine, Dich kleid’ ich in herrlicher Pracht Dann wenn du mich glüklich gemacht.“ Der Stuzzer im schekkigen Kleide
Von Sammt und von Gold und von Seide Kam summend, wie Käfer im Mäy, Mit künstlichen Sprüngen herbey -
„Du glänzest bey Ball und Concerten, Du herrschest beym Spiel und in Gärten,
Mein Dressenrock schimmert auf dich, Geliebteste, wähle du mich.“ Noch andere kamen. Geschwinde Wieß da mich dem göttlichen Kinde Der Traumgott. Sie schaute mich kaum,
Den lieb ich - so rief sie im Traum,
„Komm, eile! o komm mich zu küssen“ - Ich eilte sie fest zu umschliesen; Denn ich war ihr wachend schon nah, Und küssend erwachte sie da.
Kein Pinsel mahlt unser Entzükken, Da sank sie mit sterbenden Blikken, O welche unsterbliche Lust! An meine hochfliegende Brust.
So lag einst Bertumn und Pomone, Als er auf dem grünenden Throne Das sprödeste Mädgen bekehrt, Zuerst sie die Liebe gelehrt.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:37 von 2rhyme
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Quelle: de.wikisource.org
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