Altes Volkslied (Andere Gedichte)
Altes Volkslied von Theobald Tiger Wem habe ich zu danken – sag an, mein Herz, sag an –: Wer knebelt die Gedanken? wer setzt der Freiheit Schranken?
wer ist der brave Mann? Der Leutnant, schlank gewachsen – sag an, mein Herz, sag an – der Reichswehr? die in Sachsen und Thüringen blutige Faxen
unmöglich getan haben kann? Ist es der Hauptschriftleiter – sag an, mein Herz, sag an –, der dem schwarz-rot-goldenen Streiter ein gebildeter, steter Begleiter
und noch nie einen Kampf gewann? Es ist der deutsche Richter – sag an, mein Herz, sag an –, der sperrt das rote Gelichter in die Zellen – und hinterher spricht er:
„Es gibt keine Klassenjustiz.“ Man siehts, mein Herz, man siehts. Denn die es besser wissen, die schlafen auf strohenen Kissen; und die nach dem Lichte streben,
die stehn hinter gitternen Stäben; und die die Freiheit begehren, die können sich nicht mehr wehren. Was verdienen unsre Richter? Sag an, mein Herz, sag an!
Paragraph juhu! Paragraph juchei! Wir wissen es ja schon: Viel hundert Taler im Jahr, mein Herz – Unsere Liebe.
Vertraun. Und Pension.
Eingetragen am 08.11.2011 09:32:58 von 2rhyme
Autor: Kurt Tucholsky
Quelle: de.wikisource.org
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