Allgegenwart der Geliebten (Andere Gedichte)
Allgegenwart der Geliebten. Dort, wo durch zartes Rebengrün Ein schmaler Steig sich bahnet, Der Blumen holdes Niederblühn, Mich an die Blüh’nde mahnet:
Wo vor dem engen Rasenplatz Die Erde sich entfaltet, Und mit dem vollen Lebensschatz Der schöne Sommer waltet: Dort ist mir so die Ferne nah
Im tausendfachen Bilde, Hier in dem Quell, als Blume da Erscheint Sie im Gefilde. Als Morgenwolke wiegt sie sich Im Aether mir entgegen,
Und eine Thräne netzet mich Aus ihrem Aug’ im Regen. Es ist mir der Geliebten Geist, Der in dem Vogel singet, Der in des Stromes Welle kreis’t,
Die Zweig’ als Licht durchdringet; Es ist ihr heil’ger Athem nur, Der in dem West mir fächelt, Und lächelt mir die schöne Flur: Ist Sie’s nur, die mir lächelt.
Ich werfe mich auf’s weiche Moos In gläubig süßem Drange, Da wird der kalten Erde Schoos So warm, wie ihre Wange. Dann lüft’ ich manches Liebeswort
Vor den verschwieg’nen Fluren, Ein herzlich Lied belebt mir dort Die schweigenden Naturen. Nach Ihr gestaltet sich die Welt, Was will ich von der Menge?
Für mich hat dieß vergess’ne Feld Verständlichere Klänge. Ich lasse dir den Lärm, den Spott, Lebendiges Gewimmel! Mir hebt das Herz ein stiller Gott
In einen sel’gen Himmel!
Eingetragen am 08.11.2011 09:32:58 von 2rhyme
Autor: Gustav Schwab
Quelle: de.wikisource.org
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