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John Gilpin (Fontane, 1905) (Andere Gedichte)

John Gilpin.

(Nach William Cowper.)

     John Gilpin hat ein Tuchgeschäft
Nicht weit von Leicester-Square,
Auch war er Hauptmann der Miliz
In Londons Bürgerwehr.

     Und Gilpin hat ein edles Weib;

Sie sprach: „Mein theurer John,
Wir sahen keinen Feiertag
Die zwanzig Jahre schon.

     Drum, heut an unserm Hochzeitstag

Dächt’ ich, Mann meiner Wahl,

Kutschirten wir nach Islington,
Ins frische Grün einmal.

     Fünf unsrer Kleinen nehm’ ich mit,
Sie wiegen ja nicht schwer,

Und haben Platz; – Du steigst zu Roß,

Und reitest hinterher.“

     John Gilpin sprach: „„Ich ehrte stets
Das weibliche Geschlecht,
Doch dreimal ehr’ ich Dich, o Weib,

Drum ist mir Alles recht.


     Auch schafft mein blühend Tuchgeschäft

Leicht meinem Wunsch Gehör,
Und seinen Braunen leiht mir gern
Mein Freund, der Appreteur.““

     Sprach Mistreß Gilpin: „John, noch eins,

Wie ist es mit dem Wein?
Ich denk’ wir nehmen welchen mit,
Es dürfte bill’ger sein.“

     John Gilpin küßt sein treues Weib,

Er weinte auf ein Haar,

Daß Mistreß, trotz Vergnügungssucht,
Doch noch so sparsam war.

     Der Wagen kam, doch hielt er nicht
Vor Gilpins eignem Haus,

Sie waren all’ in Sorg’ und Furcht

Hochmüthig säh das aus.

     Drei Häuser abwärts stieg man ein,
Die Küchlein und das Huhn,
Und durch die City-Straßen hin

Ging es im Trabe nun.


     Die Peitsche pfiff, aufschlug der Huf,
Daß Alles klang und scholl,
Und Rad und Steine lärmten schier,
Als wären beide toll.

     John Gilpin hatte sich indeß

Als Reiter schon gezeigt,
Und lang geschwankt, ob rechts ob links
Man in den Bügel steigt.

     Jetzt aber sitzt er sattelfest; –
Er will davon im Nu,

Da steuern seiner Kunden drei
Grad auf den Laden zu.

     John Gilpin denkt: „„Verlust an Zeit,
Ich schätz’ ihn nicht gerin,

Doch traun, Verlust an Gut und Geld

Ist noch ein übler Ding.““

     Schnell springt er ab. – Noch steht und schwankt
Der Handel mit den Drei’n,
Da stürzt ihm Betty in den Weg:

„Hier, Herr, ist noch der Wein!“


     „„Gut““ – spricht er – „„doch nun bring’ mir auch
Das Lederfutteral,
Darinnen bei Paraden steckt
Mein fleckenloser Stahl.““

     John Gilpin nahm die Flaschen beid’,

Sie waren voll Likör,
Und hatten oben an dem Hals
Ein weißes Henkelöhr.

     Durch beide zog er jetzt hindurch

Die Scheide seines Schwert’s –

Sie hingen wie Pistolen schier,
Am Sattel seines Pferd’s.

     Dann schlug er um die Schultern sich
Den Mantel schwarz und roth,

Als zög’ er in die Ritterschlacht

Zum Siege oder Tod. –

     Die Stadt hindurch, auf hartem Stein,

Da schien der Renner faul;
John Gilpin sprach: „„O schäme Dich,

Bist Du ein Karrengaul?““


     Doch plötzlich, draußen vor dem Thor,
Verging ihm aller Spott,
Der Braune schnob und wieherte
Und setzte sich in Trott.

     „„Still, still, mein Thierchen,““ ächzte John,

„„So wirf mich doch nicht ab!““
Doch, wie er auch am Zügel riß,
Galopp ward aus dem Trab.

     Und auf und nieder, her und hin,

Flog unser armer Tropf,

Bald hielt er an der Mähne sich,
Und bald am Sattelknopf.

     Das arme Pferd, das immer sonst
Gelenkt von sichrer Hand,

Es kam bei Gilpins Reiterei

Zuletzt um den Verstand.

     Und wie vom Teufel angeschürt,
Durch ging es voller Wuth;
Abriß ein Baum von Gilpins Kopf

Perrücke, Zopf und Hut.


     Scharf blies der Ost; noch flaggte bunt
Des Mantels weiter Schooß, –
Jetzt aber ging er in die Welt,
Die Knöpfe ließen los.

     Die Hunde bellten Dorf um Dorf,

Die Kinder lärmten mit,
Und alles schrie: „das nenn’ ich brav,
Das nenn’ ich einen Ritt!“

     Die Nachbarweiber klatschten sich

Bereits die Mäuler wund;

Die eine wußt’ es ganz genau:
Es gelte tausend Pfund.

     Die Zolleinnehmer hielten’s auch
Für Wetteritt und Lauf

Und rissen mit geschäftger Hand

Die Gitterthore auf.

     John Gilpin schlüpfte heil hindurch,
Nicht so das Flaschenpaar,
Die eine ließ den Kork zurück,

Den Hals die andre gar.


     Hin troff der röthliche Likör,
Man dacht’s, es wäre Blut,
Und murrend klang es hie und da:
Der spornt auch allzu gut!“

     Jetzt aber in Klein-Islington

Hinein sprengt unser John;
Es harrte schon, mit Gruß und Kuß
Die Gattin am Balkon.

     Sie ruft ihm zu: „Halt, Gilpin, halt!

Wo willst Du hin? so sprich!

Die Kinder haben Hunger schon
Und weinen bitterlich.“

     John Gilpin hört’s; in tiefem Schmerz

Fleht er den Braunen: steh!

Doch ach der Braune hat kein Herz

Für eines Vaters Weh.

     Zwei Meilen hinter Islington
Da liegt ein zierlich Haus,
John Gilpin’s Freund, der Appreteur,

Zog Sommers da hinaus.


     Der Braune machte oft den Weg
Und wiehernd jetzt am Zaun
Ruft er den Herrn, der aber will
Kaum seinen Augen traun.

     „He, Gilpin, he! was ist geschehn?

Was kommt Ihr überhaupt?
Und wenn Ihr kommt, warum beschmutzt,
Barhäuptig und bestaubt?“

     John Gilpin drauf: „„was ich hier soll,

Das frage dieses Thier;

Wir ritten scharf, Perrück und Hut
Sind darum noch nicht hier.““

     Laut lachte da der alte Freund,
Es war ein lust’ges Blut, –

Er nahm sich die Perrück vom Kopf,

Und sprach in frohem Muth:

     „Nimm hin! Du starrst von Staub und Schmutz,
Draum scheint sie noch zu klein,
Doch wasch’ nur erst die Kruste ab,

So wird sie passend sein.“


     John Gilpin nahm und dankte viel

Und sprach zum Pferde dann:
„„He Freund, ich hab’ für Dich gethan,
Was man nur thuen kann.

     Du wolltest her zu Deinem Herrn,

Ich ehrte diesen Trieb,
Nun aber trag’ auch mich zurück
Zu meinem treuen Lieb.““

     Er sprach es kaum, da kreischte laut

Ein Esel hinterm Heck,

Und Roß und Reiter zitterte,
So packte sie der Schreck.

     Wie wenn ein Löwe wo gebrüllt,
So griff der Renner aus; –

Auftauchte bald Klein-Islington,

Samt seinem Kaffeehaus.

     Die Gattin harrte immer noch
Des Gatten am Balkon,
Jetzt sah sie ihn, und wandte sich

Zum Schwager Postillon:


     „Sieh, diese halbe Kron ist Dein,
Mein wackerer Gesell,
Schaffst Du mir meinen Ehemann
Lebendig hier zur Stell.“

     Der Postillon, der war nicht faul,

Auszog er auf den Fang,
Und hakte bald nach Mann und Roß,
Mit Zügel und mit Strang.

     Dem Braunen aber däucht es schier
Als wär’s ein Peitschenhieb,

Er lief, daß selbst der Postillon
Im Hintertreffen blieb.

     Sechs Reiter kamen just des Wegs,
Die sahen Gilpin’s Flucht,

Und wie der Postillon umsonst

Ihn einzuholen sucht.

     Sie jagten mit, und schrieen laut:
„Halt’t ihn! ein Dieb! ein Dieb!“
John Gilpin aber unverkürzt,

Des Tages Sieger blieb.


     Und wie ein Jockey bester Art, –
Mit Weste, Stulp und Kapp, –
Erst wo er aufgestiegen war,
Da stieg er wieder ab.

     Und nun zum Schluß: dem König Heil,

Und Heil! John Gilpin, Dir,
Und setzst Du wieder Dich zu Roß,
So bitt’ ich, sag’ es mir.



Eingetragen am 08.11.2011 09:34:15 von 2rhyme
Autor: Theodor Fontane
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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