Bertram’s Todtengesang (Andere Gedichte)
Bertram’s Todtengesang. Sie schossen ihn todt um Mitternacht, Wo das Steinkreuz ragt empor, Und sie ließen ihn liegen in seinem Blut Auf dem einsamen Haidemoor.
Sie ritten zu ihres Vaters Haus Und sprachen: „es ist geschehn: Unsre Schwester, die zu oft ihn sah, Soll ihn nicht wieder sehn.“ Am andern Morgen aber zurück
Ritten sie zu der Stell’, Und sie machten von Zweigen die Todtenbahr Und trugen ihn in die Kapell’. Ihre Schwester harrte des Zuges schon, Sie zerriß ihr langes Kleid,
Ihre gelben Locken löste sie auf Und kniete an Bertrams Seit’. Sie holte geweihtes Wasser herbei Und wusch ihn die Wunden rein, Einen Kranz um die Brust, einen Kranz in’s Haar –
„Nun,“ sprach sie, „mag es sein!“ Sie hüllten ihn ein in schneeweiß Lein Und trugen ihn dann zur Ruh, Die Mönche sangen die Todtenmess’ Und Litaneien dazu.
Sie trugen ihn fort an den alten Ort, Die Nacht war still und bang; Es fiel der Thau, der Nebel zog Das Haidemoor entlang. Sie gruben sein Grab zwei Fuß tief nur,
Wo das Kreuz gen Osten schaut, Und sie deckten ihn zu mit Ginstergestrüpp, Und mit Moos und mit Farrenkraut. Der Mönche einer stand am Grab Und betete bis es getagt;
Und in der Kapelle singen sie So lange das Steinkreuz ragt.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:05 von 2rhyme
Autor: Theodor Fontane
Quelle: de.wikisource.org
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