Nordenhamer Häßlichkeit (Gedanken)
Der Nordenhamer liebt monotone Hässlichkeit, sie dient ihm als Zeichen der Verlässlichkeit, die schätzt er über all die Jahre, nur keine Schönheit – Gott bewahre!
Wer will schon eine schöne Stadt, wenn er es zuhaus’ gemütlich hat? Bloß keine Kunst im öffentlichen Raum, und weg mit jedem blöden Baum!
Er braucht doch die kühle Kahlheit immer und freie Sicht auf ’s Nichts aus jedem Zimmer. Dazu ein Biotop für ’n Rasentrimmer, davon wird doch die Welt nicht schlimmer!
Das fördert auch der Rat der Stadt, der viele schlaue Pläne hat, wie man alles Schöne hässlich macht, und sich dabei ins Fäustchen lacht.
Statt sich mit der Natur zu plagen, kann man doch ’ne Schneise schlagen, breit wie eine Flugzeuglandebahn: Freier Blick für jeden Weserkahn!
Und Gartenkunst im Garten? Nee, lieber Unkraut aller Arten! Die maroden Lauben bleiben stehn! Zur Kunst kann jeder ins Museum gehn!
Ein Wald, der grad’ nicht passt, wird kurzer Hand geschasst, ein Kunstwerk,so ein schönes Stück, stört die Natur in ihrem Glück.
Im Rathaus war man ganz entsetzt, weil Natur und Kunst vernetzt, den Ausblick durch Anblick ja verletzen und nicht gehorchen den Gesetzen!
Wald und Kunst, die müssen weg! Endlich wieder freie Sicht auf Dreck! Nirgends mehr ein schöner Fleck! Dafür wiehert des Amtes Schimmel keck!
Ach, wie schön ist Industrieromantik, betongrau, russgeschwärzt und kantig, zwischen Nichts und Meer: Nordenham – ich lieb dich sehr!
Jens Wohlkopf, Februar 2024
Eingetragen am 10.04.2024 10:27:25 von Federstilzchen
Autor: Jens Wohlkopf
Quelle: Eigenes Gedicht
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