Heimkehr (Wilhelm Hertz) (Andere Gedichte)
Heimkehr. Es steht ein Gartenhaus am Berge, Da tönt’ es einst in schönen Tagen Wie wonnig bräutliches Geflüster, Wie süßes Fleh’n und sanft Versagen.
Da war es, als die Reben blühten Und traulich sich durch’s Gitter schlangen, Daß ich mit tollen, sel’gen Armen Mein erstes Jugendlieb umfangen. Was führt mich aus den weiten Landen
Gerade hier mein Weg vorüber? Das lust’ge Haus ist längst zerfallen, Und weiße Flocken wehen drüber. Und auf dem wankenden Gebälke, Da lagern heis’re Dohlenschaaren. –
Wer denket wohl an dieser Stätte, Daß hier zwei Menschen glücklich waren?
Vorbei, vorbei, ihr Erkerthore! Erkennt ihr mich, ihr alten Gassen? Ihr seid mir treu und hold geblieben,
Mein Lieb, das hat mich längst verlassen. Und durch des Volkes ems’ge Schaaren, Da schnauben stolze Berberrosse, Ein hohes Weib mit bleichen Wangen Sitzt düster in der Staatskarrosse.
Ihr grauer, gichtgekrümmter Gatte Lehnt laß und mürrisch ihr zur Seiten; Ihr Haupt ist auf die Hand gesunken, – Denkt sie vielleicht vergang’ner Zeiten? Ich stand noch thränentrüb am Wege,
Da sie schon längst vorbeigefahren. – Wer denkt wohl von uns beiden Menschen, Daß wir zusammen glücklich waren?
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:02 von 2rhyme
Autor: Wilhelm Hertz
Quelle: de.wikisource.org
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