Pfingstoffenbarung (Andere Gedichte)
Pfingstoffenbarung. Welch ein wonnesames Weben Rührt mich herzbewegend an? Geist der Pfingsten, fühlt mein Leben Wieder sich in deinem Bann?
Wie sich Blüthenäste beugen, Und der Windhauch Farben schneit! Weckst du wieder deine Zeugen Hoher Geist der Herrlichkeit? Ach, das war ein schläfrig Träumen,
Unbefriedigt, glaubensmüd’, Unter starren Winterbäumen Ohne Blatt und ohne Lied: Bis der Lenzgewitter Mahnen Ging vor deinem Siegeslauf
Und der Hoffnung grüne Fahnen Pflanzten laue Lüfte auf. Und nun brennt’s auf dunklen Schollen, Lodert’s in der Aeste Grün: Plötzlich muß mit wundervollen
Flammen dein Geheimniß glüh’n; Jedem Veilchenkelch entrungen, Schwimmt es in die Welt als Duft, Und der Tulpen Feuerzungen Rufen’s in die weiche Luft:
„Selbstisch Brüten, kühles Streben Macht dich nicht vom Staube frei; Liebe heißt das ew’ge Leben, Das die Ketten bricht entzwei. Liebe will dir Wunder zeigen,
Die du schlummernd in dir trägst; Höchstes Glück wird nur dein Eigen, Wenn du Liebesarme regst.“ Die Jehova sich vertrauten, Die verbannt vom Tempelthor –
Jedem mit der Heimath Lauten Klingt die Botschaft in das Ohr, Und die Herzen, sie begreifen’s; Augen schau’n sich selig an; Tausend kleine Vögel pfeifen’s:
Daß der Himmel aufgethan. Durch die Seelen wogt ein Wallen, Wie ein Rausch von jungem Wein; In die schönen Wunderhallen Zieh’n die gläub’gen Schaaren ein,
Und es wirkt verjüngten Strebens Jeder, was der Sinn ihm weist: Also schickt der Herr des Lebens Pfingsten seinen heil’gen Geist.
Victor Blüthgen.
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:47 von 2rhyme
Autor: Victor Blüthgen
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