Geistesgruß (Eichendorff) (Andere Gedichte)
Geistesgruß. IV. Nächtlich dehnen sich die Stunden, Unschuld schläft in stiller Bucht, Fern ab ist die Welt verschwunden. Die das Herz in Träumen sucht.
Und der Geist tritt auf die Zinne, Und noch stiller wird’s umher, Schauet mit dem starren Sinne In das wesenlose Meer. Wer ihn sah bei Wetterblicken
Steh’n in seiner Rüstung blank: Den mag nimmermehr erquicken Reichen Lebens frischer Drang. – Fröhlich an den öden Mauern Schweift der Morgensonne Blick,
Da versinkt das Bild mit Schauern Einsam in sich selbst zurück. V. Vergangen ist der lichte Tag, Von ferne kommt der Glocken Schlag; So reis’t die Zeit die ganze Nacht,
Nimmt manchen mit, der’s nicht gedacht. Wo ist nun hin die bunte Lust, Des Freundes Trost und treue Brust, Des Weibes süßer Augenschein? Will keiner mit mir munter seyn?
Da’s nun so stille auf der Welt, Zieh’n Wolken einsam übers Feld, Und Feld und Baum besprechen sich, – O Menschenkind! was schauert Dich? Wie weit die falsche Welt auch sey,
Bleibt mir doch Einer nur getreu. Der mit mir weint, der mit mit wacht, Wenn ich nur recht an Ihn gedacht. Frisch auf denn, liebe Nachtigall, Du Wasserfall mit Hellem Schall!
Gott loben wollen wir vereint, Bis daß der lichte Morgen scheint!
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:59 von 2rhyme
Autor: Joseph von Eichendorff
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org
|