Am Grabe der Mutter (Kämpchen) (Andere Gedichte)
Am Grabe der Mutter. Lieb’ Mütterchen, an deinem Grabe steht Dein Sohn, dein Liebling, wie du ihn genannt, Als noch gepflegt ihn deine weiche Hand Mit Mutterhuld, mit Mutterlieb’ und Treu. –
Du ruhest lange schon – ich unterdeß Bin alt geworden und das Leben hat Mit rauher Faust gewürfelt mich unstet, Wie auf der Tenne das Getreid’ der Wind. – Durch Dornen schritt mein Fuß – wund und bestaubt,
Ein durst’ger Wandrer ohne Born und Quell, Zog ich des Weg’s dahin, und öfters ward Der Pfad gesperrt mir von Geröll und Kluft. – Ja, dornig war der Weg, und rauh und steil, Den ich gegangen bin – und wenn mir jetzt
Im Abendrot ein wenig Ruhe winkt, So ist’s die Rast nur vor dem letzten Gang. – Doch immer, Mutter, gab dein Bild Geleit In allen Stürmen mir – ich dachte dein Im Grau’n des Schachts, wenn krachend das Gebirg’
Zusammenbrach – du warst mir Schutz und Schild. – Und wenn ich jetzt an deinem Grabe steh’, Ein armer alter, lebensmüder Mann, – Zur Mutter wieder sonder Rast und Ruh Zieht’s mich mit allen Herzensfasern hin. –
Schlaf, Mütterchen! Vielleicht nur kurze Frist, Dann ruht dein Sohn zur Seite wieder dir, Wie vordem einst. – O, möge leicht und lind Sein Schlummer auch, wie deiner, Mutter, sein! –
Eingetragen am 08.11.2011 09:32:58 von 2rhyme
Autor: Heinrich Kämpchen
Quelle: de.wikisource.org
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