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Hänsel und Gretel (Kindergedichte)

Der Hänsel und die Gretel warn,
wie uns auch heute noch bekannt,
vor deutlich mehr als hundert Jahrn
ganz arm geborn in unserm Land.

Es litten die Geschwister sehr,
denn selten kriegten sie noch Brot.
So waren ihre Bäuche leer
und stündlich mehrte sich die Not.

Der Vater hatte wenig Lohn
und konnte kaum sie noch ernährn.
Da sprach die Mutter voller Hohn,
um sich beim Manne zu beschwern:

»So höre Mann, jetzt reicht es mir!
Du rackerst dich zu wenig ab;
wir haben kaum zu essen hier
und auch das Geld ist äußerst knapp.

Wir sind so schrecklich bettelarm,
die Kinder wachsen immer mehr!
Im Haus wird’s kaum noch richtig warm,
ja unser Leben ist so schwer.

Du bist ein Depp von einem Mann
und gibst mir selten guten Rat,
doch diesmal strengst du dich mal an
und schreitest bald mit mir zur Tat.

Es hat doch alles keinen Zweck,
wir sind doch hier kein Waisenhaus!
Die Kinder kommen morgen weg –
wir setzen sie im Walde aus.«

So sprach’s die Mutter wenig nett,
doch von den Kindern wurd’s gehört.
Sie lagen schlaflos in ihrm Bett
und beide warn zutiefst verstört.

Der Vater konnt sich nicht erwehrn,
denn seine Frau gab keine Ruh.
Er tat es überhaupt nicht gern,
doch stimmte er am Ende zu.

Die Gretel weinte vor sich hin
und Hänsel dachte emsig nach.
Es ging ihm vieles durch den Sinn,
bevor er schließlich ihr versprach:

»Ach Schwesterlein, verzweifle nicht,
denn Gott lässt niemanden allein!
Ich habe feste Zuversicht,
denn eben gab er mir es ein.«

Er stahl sich heimlich hinters Haus
und kroch im Dunkeln dort herum.
Er schlich umher wie eine Maus
und war fast gänzlich still und stumm.

Er kam voran nur Stück für Stück
und sammelte sich Kiesel ein.
Dann ging er leis zum Haus zurück
und rasch hinein ins Kämmerlein.

Die Kinder warn erfüllt von Gram,
doch sanken beide in den Schlaf.
Als morgens ihre Mutter kam,
gehorchten sie ihr dennoch brav.

Sie sagte laut: »Erhebt euch schnell,
wir gehen heute in den Wald!
Geschwind, es wird schon langsam hell,
so zieht euch an – heut ist es kalt!«

Aus Angst vorm eignen Hungertod
war äußerst geizig nun das Weib
und gab vom knappen Roggenbrot
nur jedem einen schmalen Laib.

Sie setzten sich zu viert in Marsch
und liefen ohne Rast und Halt.
Die Mutter kommandierte barsch
und schnell erreichten sie den Wald.

Der Hänsel hinkte hinterher
und blickte oft sich ängstlich um.
Sein Rocktäschlein war ziemlich schwer
und ihm nur war bewusst warum.

Es plumpsten heimlich Stein um Stein
die Kiesel, die er mit sich trug.
Er war zwar schmal und richtig klein,
doch für sein Alter äußerst klug.

Der Vater half beim üblen Spiel
und fand sogleich auch einen Ort,
der seiner bösen Frau gefiel,
und sprach nur ungern dieses Wort:

»Ihr Kinder, kommt mal her zu mir;
ich sag euch jetzt, was wir hier tun.
Wir machen gleich ein Feuer hier,
dann könnt ihr bald ein bisschen ruhn.

Weil ihr so brave Kinder seid,
bin ich auf euch so mächtig stolz.
So zeigt mir eure Nützlichkeit
und sammelt mal ein bisschen Holz.«

Die beiden machten sich ans Werk
und schleppten Reisig rasch heran.
Sie häuften es zu einem Berg
und schließlich steckte man es an.

Die Mutter sprach: »Das reicht ja kaum!
Der Vater geht mit mir gleich fort
und fällt euch einen dicken Baum«,
doch niemand glaubte ihr ein Wort.

»Ich weiß genau, euch ist nicht bang«,
so hieß es voller Lug und Trug,
»das dauert ja auch gar nicht lang,
denn Zeit vergeht doch wie im Flug.

Wir lassen euch nicht gern allein,
ihr seid doch unser größtes Glück!
So legt euch hin und schlaft schön ein,
wir kommen rasch zu euch zurück!«

Die Eltern ließen sie dort stehn
und türmten plötzlich blitzgeschwind.
Das war so rasend schnell geschehn
und viel zu schnell für jedes Kind.

Das traf die beiden wie ein Schlag,
jetzt warn sie ganz allein im Wald.
Sie saßen dort den ganzen Tag
und abends wurd es bitterkalt.

Das letzte Brot war schon verspeist
und bald kam Hunger noch dazu.
Sie fühlten sich total verwaist
und Hänsel nur behielt die Ruh.

Er sprach: »Es ist doch nichts passiert,
wir sind doch bloß im Eichenwald!
Ich hab vorhin den Weg markiert
und meine Kiesel schimmern bald.«

Und als der Mond gestiegen war,
begriff es seine Schwester schnell.
Gleich frisch geprägten Münzen gar
erstrahlten all die Kiesel hell.

Er machte rasch das Feuer aus
und dann marschierten sie schon los.
Sie fanden aus dem Wald heraus
und die Erleichterung war groß.

Der Morgen war erst grad erwacht,
da trafen sie zu Hause ein.
Das hätte niemand je gedacht;
die Eltern staunten ungemein.

Da freute sich der Vater sehr
und war nun wieder lebensfroh.
Der Mutter fiel das Jubeln schwer,
denn die war bös und tat nur so.

Die Kinder hatten sie genarrt,
doch viel zu früh sich schon gefreut,
denn ihre Mutter blieb ganz hart
und abends klagte sie erneut:

»Wir haben keine andre Wahl,
sonst bringt der Hunger uns bald um.
Gleich morgen machen wir’s noch mal,
denn alles andre wäre dumm.

Wir gehn in aller Herrgottsfrüh,
doch morgen lassen wir uns Zeit,
ja geben uns so richtig Müh
und laufen ganz besonders weit.«

So sagte sie’s in einem Wahn,
als hätt man sie mit Schnaps berauscht.
Die Kinder kannten ihren Plan,
denn wieder hatten sie gelauscht.

Sie dachten nur: »Oh Schreck, oh Graus,
das ist ja so verachtenswert.«
Der Hänsel wollte aus dem Haus,
doch alle Türn warn abgesperrt.

Zwar blieben seine Taschen leer,
doch trotzdem spendete er Mut:
»So gräm dich nicht, uns hilft der Herr
und macht am Ende alles gut.«

Sie wurden morgens aufgeweckt
und kriegten schnell ein karges Mahl,
dann etwas Brot noch zugesteckt,
bevor die Frau den Marsch befahl.

Sie mahnte, es sich aufzusparn,
weil’s nur gedacht sei für die Not.
Doch als sie auf dem Wege warn,
zerlegte Hänsel flink sein Brot.

Er war den Blicken ausgesetzt,
doch ließ er sich durch nichts beirrn
und waghalsig begann er jetzt,
den Weg mit Krumen zu markiern.

Die Gegend wurde unbekannt
und ängstigte sie immer mehr.
Beharrlich warf die Kinderhand,
doch bald warn Hänsels Taschen leer.

Da hatten sie nun großes Glück,
denn ihre Eltern warn am Ziel.
Dort ließ man herzlos sie zurück,
obwohl’s ihrm Vater sehr missfiel.

Sie machten rasch ein Feuer dort
und mussten wenigstens nicht friern,
doch war der Wald kein Kinderhort
und voll mit vielen wilden Tiern.

Die Mutter hatte garantiert,
man lasse sie nicht lang allein,
doch alles war nur inszeniert,
denn sie war boshaft und gemein.

Nachdem die Nacht gekommen war,
erschien bald auch der helle Mond,
doch warn die Krumen unsichtbar
und Hänsels List wurd nicht belohnt.

Zwar schienen Mond- und Sternenlicht,
doch fing er an zu resigniern,
denn all die Krumen blinkten nicht
und viele warn verzehrt von Tiern.

Sie hatten keine andre Wahl
und suchten jetzt den Weg nach Haus,
doch sie verirrten sich total
und kamen nicht mehr dort heraus.

Sie waren auf dem falschen Pfad
und jeder Schritt fiel ihnen schwer.
Sie wussten keinen guten Rat
und irrten hungrig nur umher.

Am dritten Tag war ’s Ende nah
und grausam drohte schon der Tod,
doch eh das Duo sich versah,
erschien die Rettung aus der Not.

Da staunte das Geschwisterpaar,
denn vor ihm stand ein Kuchenhaus,
und das war richtig wunderbar
und voll und ganz ein Augenschmaus.

Es lag im Walde gut versteckt
und schien ein süßer Traum zu sein.
Es war mit Zuckerguss bedeckt
und lud sie nun zum Festmahl ein.

Der Hänsel kletterte aufs Dach,
auf dem er leckren Kuchen aß,
doch Gretel war dazu zu schwach
und nahm vom Fenster Zuckerglas.

Sie aßen immer mehr und mehr,
denn all der Hunger ließ kaum nach,
doch da erschraken sie sich sehr,
als plötzlich jemand leise sprach:

»Wer knabbert hier an meinem Haus?
Vielleicht ein armes Menschenkind?
Ein Igel oder eine Maus?
Ja hör ich nur den Sausewind?«

Und kaum war dieses just gefragt,
da stand ein Weib schon vor der Tür.
Es war fast blind, enorm betagt
und arg entstellt durch manch Geschwür.

Es nahm die Kinder mit ins Haus
und stillte ihren großen Durst.
Sie schlemmten dort in Saus und Braus
und kriegten Nüsse, Obst und Wurst.

Die Alte war ganz mütterlich
und bettete sie dann zur Ruh.
Sie fühlten wie im Himmel sich
und schliefen friedlich ein im Nu.

Die Alte war jedoch nicht nett
und hatte grausig Lust auf Mord.
So schlich sie morgens an ihr Bett
und nahm den Hänsel mit sich fort.

Er wurd in einen Stall gebracht,
in dem so mancher Knochen lag,
doch war er noch nicht aufgewacht
und schlief den ganzen Vormittag.

Sie holte Gretel aus dem Bett
und sagte herzlos und brutal:
»Ach, wär der Hänsel nur schon fett
und nicht so klapperdürr und schmal!

Hör auf, mich dämlich anzusehn,
ich esse bald dein Brüderlein!
Du wirst gleich in die Küche gehn,
sonst schlag ich dir den Schädel ein!

Du kochst ihm gute Dinge dort,
so wird er richtig dick und prall.
Und hör ich je ein Widerwort,
dann kommst auch du in einen Stall.«

Die Alte hatte’s kaum gesagt,
da fing die Gretel an zu flehn.
Sie war wie nie zuvor verzagt
und konnte all das nicht verstehn.

Sie musste Hänsel gut ernährn,
der nur vom Feinsten ständig aß,
doch selber viel hinfort entbehrn,
denn sie bekam nur miesen Fraß.

Der Hänsel war bald fett genug
und fürchtete sich immer mehr,
doch er verhielt sich äußerst klug
und machte es der Alten schwer.

Nach zwanzig Tagen war er dick,
doch konnte sie’s nicht richtig sehn.
So half ihm stets ein schlauer Trick,
um seiner Schlachtung zu entgehn.

Denn täglich schlurfte sie heran
und sagte herzlos und gemein:
»Ich hoff, an dir ist heut was dran,
ich will dich fett und rund wie ’n Schwein!

So streck mir deine Finger raus,
damit ich fühl, wie fett sie sind.
Du wirst ein wahrer Gaumenschmaus,
du kleines, leckres Waisenkind!«

Doch was er aus dem Stalle hielt,
warn viele kleine Knöchlein bloß.
Das alles wurd nur vorgespielt
und sie war völlig ahnungslos.

So machte er das jedes Mal
und stets erlag sie seinem Trug.
Zwar hielt sie ihn für dürr und schmal,
doch plötzlich hatte sie genug.

Und sprach zu später Stund’ im Groll:
»Ob fett genug nun oder nicht,
ich hab die Nase langsam voll –
drum schlacht ich morgen diesen Wicht!

Ich fessle ihn mit einem Seil
und dann verliert er seinen Kopf.
Ich hol schon mal das scharfe Beil
und auch den riesengroßen Topf.«

Sie war erpicht, ihm wehzutun,
und spuckte höhnisch auf Moral.
»Du füllst den Topf mit Wasser nun!«,
befahl sie Gretel nun brutal.

Das Mädchen wurd ins Bett gebracht
und lag dort weinend ganz allein.
Es hatte eine Albtraumnacht
und wusste weder aus noch ein.

»Ach, wärn wir nur im Wald krepiert«,
so dachte Gretel unentwegt.
Sie jammerte zutiefst frustriert
und bis ins Mark war sie erregt.

Jetzt schien das Ende Hänsels nah,
denn schon war diese Nacht vorbei.
Sie schockte, was sie morgens sah,
und ihr entfuhr ein schriller Schrei.

Gefesselt saß der Junge dort
auf einer alten, stumpfen Bank.
Es lag das Beil zum Kindermord
schon auf dem Tisch ganz blitzeblank.

Doch ließ die Alte sich nicht rührn
und gab der Gretel den Befehl,
das Feuer unterm Topf zu schürn,
und grinste ständig quietschfidel.

So sagte sie ganz nebenbei:
»Ich mach dein Brüderlein gleich tot,
ja schlag ihn mit dem Beil entzwei
und schließlich backen wir noch Brot.

Juchhe! Das tut mir ja so gut!
Ich bin so freudig aufgeregt!«
Im Ofen flirrte heiß die Glut
und schon wurd ’s Brot hineingelegt.

Sie würde Hänsel bald verzehrn
und Gretel wusste keinen Rat.
Sie betete zu ihrem Herrn,
den sie um Rettung sehnlich bat.

Da rief das Weib sie zu sich her
und sprach: »Ich will das Brot schön braun,
doch leider fällt mir ’s Gucken schwer,
so bitt ich dich, mal kurz zu schaun!

Ich schieb dich auf dem Blech hinein,
dann kannst du sehn, wie gar es ist!«
Das Kind fiel nicht darauf herein
und trotzte dieser Teufelslist.

Die Gretel sagte äußerst schlau:
»Ich bin kein Kind, das schnell kapiert,
doch du bist eine weise Frau,
so zeig mir erst, wie’s funktioniert!

Sonst mach ich alles bloß verkehrt
und unser Brot wird gar nicht fein.«
Die Greisin fühlte sich geehrt
und Gretel schob sie prompt hinein.

Sie schloss die Ofentür rasch zu
und flugs geriet das Weib in Wut,
denn das war angebrannt im Nu
und starb erbärmlich in der Glut.

Die Gretel band ihrn Bruder los,
der knapp dem Tod entronnen war.
Die Freude war bei beiden groß
und jubelnd schrie das Kinderpaar.

Das Glück war ihnen weiter hold,
zumal die Tote viel besaß.
Sie fanden Perlen, Schmuck und Gold
und hatten riesengroßen Spaß.

Sie steckten alles sorgsam ein
und fanden auch den Weg zurück.
Ihr Vater war nicht mehr allein
und weinte leis vor lauter Glück.

Die Mutter war seit Kurzem tot,
doch keiner Seele tat es leid.
Man aß bald wieder gutes Brot
und war jetzt reich für alle Zeit.

Gebrüder Grimm, Nachdichtung

© Arne Arotnow

Eingetragen am 03.08.2015 21:48:36 von Arne Arotnow
Autor: Arne Arotnow
Quelle: Eigenes Gedicht
Weitere Informationen unter: http://gratislyrik-arotnow.jimdo.com/



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