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Lebensmelodien (Andere Gedichte)

Lebensmelodien.


Der Schwan.

Auf den Wassern wohnt mein stilles Leben,
Zieht nur gleiche Kreise, die verschweben,
Und mir schwindet nie im feuchten Spiegel
Der gebogne Hals und die Gestalt.

Der Adler.

Ich haus’ in den felsigen Klüften,

Ich braus’ in den stürmenden Lüften,
Vertrauend dem schlagenden Flügel
Bei Jagd und Kampf und Gewalt.

Der Schwan.

Mich erquickt das Blau der heitern Lüfte,

Mich berauschen süß des Kalmus Düfte,

Wenn ich in dem Glanz der Abendröthe
Weichbefiedert wiege meine Brust.

Der Adler.

Ich jauchze daher in Gewittern,
Wenn unten den Wald sie zersplittern,

[112]
Ich frage den Blitz, ob er tödte,

Mit fröhlich vernichtender Lust.

Der Schwan.

Von Apollo’s Winken eingeladen,
Darf ich mich in Wohllautströmen baden,
Ihm geschmiegt zu Füßen, wenn die Lieder

Tönend wehn in Tempe’s May hinab.


Der Adler.

Ich throne bey Jupiters Sitze;
Er winkt, und ich hol’ ihm die Blitze,
Dann senk’ ich im Schlaf das Gefieder
Auf seinen gebietenden Stab.

Der Schwan.

Von der sel’gen Götterkraft durchdrungen,

Hab’ ich mich um Leda’s Schooß geschlungen;
Schmeichelnd drückten mich die zarten Hände,
Als ihr Sinn in Wonne sich verlor.

Der Adler.

Ich kam aus den Wolken geschossen,

Entriß ihn den blöden Genossen:
[113]

Ich trug in den Klauen behende
Zum Olymp Ganymeden empor.

Der Schwan.

So gebahr sie freundliche Naturen,
Helena und euch, ihr Dioskuren,

Milde Sterne, deren Brüdertugend

Wechselnd Schattenwelt und Himmel theilt.

Der Adler.

Nun tränkt aus nektarischem Becher
Der Jüngling die ewigen Zecher;
Nie bräunt sich die Wange der Jugend,

Wie endlos die Zeit auch enteilt.


Der Schwan.

Ahndevoll betracht’ ich oft die Sterne,
In der Flut die tiefgewölbte Ferne,
Und mich zieht ein innig rührend Sehnen
Aus der Heimat in ein himmlisch Land.

Der Adler.

Ich wandte die Flüge mit Wonne,

Schon früh zur unsterblichen Sonne,

[114]

Kann nie an den Staub mich gewöhnen,
Ich bin mit den Göttern verwandt.

Der Schwan.

Willig weicht dem Tod’ ein sanftes Leben;

Wenn sich meiner Glieder Band’ entweben,

Löst die Zunge sich: melodisch feyert
Jeder Hauch den heil’gen Augenblick.

Der Adler.

Die Fackel der Todten verjünget:
Ein blühender Phönix, entschwinget

Die Seele sich frey und entschleyert,

Und grüßet ihr göttliches Glück.

Die Tauben.

In der Myrten Schatten,
Gatte treu dem Gatten,
Flattern wir, und tauschen

Manchen langen Kuß.

     Suchen und irren,
     Finden und girren,
     Schmachten und lauschen,
     Wunsch und Genuß!

Venus Wagen ziehen

Schnäbelnd wir im Fliehen,
Unsre blauen Schwingen
Säumt der Sonne Gold.
     O wie es fächelt,

     Wenn sie uns lächelt!

     Leichtes Gelingen!
     Lieblicher Sold!

Wende denn die Stürme,
Schöne Göttin! schirme

Bey bescheidner Freude

Deiner Tauben Paar!
     Laß uns beysammen!
     Oder in Flammen
     Opfre uns beyde

     Deinem Altar.
A. W. SCHLEGEL.

Eingetragen am 08.11.2011 09:34:21 von 2rhyme
Autor: August Wilhelm Schlegel
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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