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Fürstensorgen (Andere Gedichte)

Fürstensorgen

Die Fürstenhäuser, so wie man weiß,
Bilden einen großen Familienkreis;
Sie bleiben, selbst wenn sie ihre Unterthanen
Zum Abmetzgern rufen unter die Fahnen,

Auf gutem Fuße; sie können sich zügeln,

Und lassen bloß die dummen Völker sich prügeln.
Noch mehr aber, wenn friedliche Winde wehen,
Kann man eine erquickende Eintracht sehen,
Und selbst die entlegensten Fürstensprossen

Sind in die Fürsorge mit eingeschlossen.

Wenn zum Beispiel in einem Lande,
Wo das Hammelstehlen noch keine Schande,
Sich kratzte ein prinzlicher Jüngeling,
Indem er zu heftig seine Läuse fing,

Und dabei erhielt eine kleine Schramme,

Kommen von vielen Höfen Telegramme,
Man dankt dem Allgütigen, daß es so abgegangen
Bei Seiner Hoheit wütendem Lausefangen.
Oder wenn gar dieses passiert,

Daß eine englische Prinzessin krank wird,

Weil sie so lange gefressen und gesoffen,
Bis der durchlauchteste Leib nicht mehr offen,
Und in dero prinzeßlichem Magen
Sich ganz gemeine Winde verschlagen;

Da depeschieren die Fürsten bestürzt:

Haben Ihre Hoheit noch nicht gef....?
Von den Herrscherstirnen verschwinden die Schatten
Erst, wenn Ihre Hoheit einen Stuhlgang hatten.
Ja, sie sind edel und ersten Rangs,

Der Fürsten zärtliche Sangtimangs!

In der Sorge für das eigne Ergehen
Können sie selbstverständlich nicht sehen,
Wie elend der Buren Kinder verderben,
Und wie sie alle am Hunger sterben.

Das Elend hat keinem das Herz gerührt,

Und keiner von ihnen hat Mitleid gespürt:
Doch morgen meldet wieder der Draht,
Ob die Prinzessin einen Stuhlgang hat.

 Peter Schlemihl



Eingetragen am 08.11.2011 09:33:57 von 2rhyme
Autor: Ludwig Thoma
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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